27.10.2020

Kommunikation in Epidemie-Zeiten

 

Mit Satoshi Sugimoto, Director External Communications, Novartis Europe/Asia

Spezielle Umstände verlangen nach speziellen Massnahmen. Dies gilt besonders auch für Krisenzeiten. Welche Herausforderungen sich dabei für den Kommunikationsbereich stellen respektive wie ein Kommunikationsprofi damit umgeht? Wir haben bei Satoshi Sugimoto, Director External Communications, Novartis Europa & Asien nachgefragt.

Herr Sugimoto, die Ausbreitung des Coronavirus versetzt die Welt in den Ausnahmezustand. Welche besonderen Herausforderungen im Kommunikationsbereich hat ein multinationales Unternehmen wie Novartis angesichts dieser Lage zu bewältigen?

"Als globales Gesundheitsunternehmen mit rund 109‘000 Mitarbeitenden stellte uns der Ausbruch der Pandemie vor drei kommunikative Herausforderungen: Wie können wir mittels interner Kommunikation unsere Mitarbeitenden weltweit zuverlässig und zeitnah informieren und unterstützen? Wie adressieren wir die zahlreichen externen Fragen und Sorgen bezüglich der Sicherheit unserer Lieferkette und der Versorgung mit Medikamenten in den einzelnen Märkten? Und wie kommunizieren wir unseren Beitrag im Kampf gegen COVID-19?"

Jedes Unternehmen muss in Anbetracht der aussergewöhnlichen Lage die Balance finden zwischen dem Schutz der Gesundheit der Belegschaft und der Aufrechterhaltung des regulären Betriebs. Wie stellen Sie mit der internen Kommunikation sicher, dass die Belegschaft über die effektiven Tatsachen informiert ist, den Ernst der Lage wahrnimmt und gleichzeitig aber keine übertriebenen Ängste geweckt werden?
 

"Wir haben bereits früh die Mitarbeitenden für COVID-19 spezifische Aspekte sensibilisiert. In einer ersten Phase ging es primär um den Schutz der Mitarbeitenden mit der Kommunikation von Verhaltensempfehlungen sowie ständig aktualisierten Reiserichtlinien. In einer zweiten Phase ging es darum, die Mitarbeitenden mit kommunikativen Massnahmen dabei zu unterstützen, sich an die neue Arbeitsdynamik vielfach im Homeoffice und die familiären Verpflichtungen infolge des Lockdowns anzupassen. In einer dritten Phase ging es darum, die schrittweise Rückkehr von Mitarbeitenden an den Arbeitsplatz und in den Aussendienst kommunikativ zu begleiten. Dabei war der unterschiedlichen Pandemiesituation je nach Land und Standort Rechnung zu tragen. Die interne Kommunikation erfolgte primär per Massmails, Webcasts sowie über das Intranet. An den Standorten selber kamen natürlich auch Drucksachen wie Plakate oder Merkblätter zum Einsatz. Zudem spielten die Vorgesetzten eine wichtige Rolle, die mit ihren Mitarbeitenden und Teams vor allem auch über die Microsoft Teams Plattform kommunizierten. Speziell für die Kommunikatoren rund um die Welt wurden in der Anfangsphase tägliche virtuelle Meetings organisiert, wo aus erster Hand durch das globale Krisenmanagementteam in Basel informiert wurde. Diese Meetings werden auch heute noch in regelmässigen Abständen durchgeführt und geben Kommunikatoren die Gelegenheit zum direkten Austausch mit den zuständigen internen und externen Kommunikationsverantwortlichen und weiteren Mitgliedern des globalen Krisenstabs."

Inwiefern ist Novartis in einer besonderen Situation bzgl. des hohen Anteils an Grenzgängern innerhalb der Belegschaft?

"Rund 33 Prozent unserer Mitarbeitenden in der Schweiz sind Grenzgänger aus Frankreich und Deutschland. Spezifischer Kommunikationsbedarf für diese Mitarbeitergruppe ergab sich in der Anfangsphase, als beispielsweise Schulschliessungen in Frankreich früher erfolgten als in der Schweiz. Damit ergab sich dort auch früher Klärungsbedarf, wie mit der Situation umgegangen werden soll und wie das Unternehmen die Mitarbeitenden in dieser Situation, z.B. bezüglich Kinderbetreuung, unterstützen kann. Zudem unterliegen Grenzgänger in ihren Herkunftsländern gewissen speziellen Regeln, so ist z.B. vorgegeben, wieviel Prozent ihrer Arbeitszeit sie normalerweise vor Ort beim Arbeitgeber in der Schweiz verbringen müssen. Aufgrund der Pandemiesituation haben Deutschland und Frankreich diese Regeln vorübergehend geändert. Auch hier ging es für unsere interne Kommunikation dann darum, diese Mitarbeitenden über die entsprechenden Änderungen auf dem Laufenden zu halten."

Welche Massnahmen hat Novartis intern ergriffen, um das Virus zu bekämpfen und in welcher Form werden diese kommuniziert?

"Wir haben eine breite Palette von Massnahmen im Kampf gegen COVID-19 angekündigt. Wir engagieren uns in zahlreichen gemeinsamen Forschungsinitiativen wie dem COVID-19 Therapeutics Accelerator u.a. mit der Bill & Melinda Gates Foundation, in gross angelegten klinischen Studien und mit Spenden zur Unterstützung bedürftiger lokaler Gemeinschaften. Unser Engagement kommunizieren wir im Detail auf unserer globalen und auf der Schweizer Novartis Website, in den sozialen Medien, in Gastbeiträgen sowie auch in den Interviews, die unser CEO, sowie weitere Führungskräfte und Experten in in- und ausländischen Medien geben. Parallel dazu informieren wir unsere Mitarbeitenden weltweit über die internen Kommunikationskanäle."

Wurde ein Krisenkommunikationsteam eingesetzt?

"Novartis hat ein seit vielen Jahren eingespieltes standardisiertes Krisenmanagementsystem auf globaler, nationaler und auch Standortebene. Diese Teams sind nun im Einsatz. Die Funktionen in diesen Teams sind klar definiert, die Kommunikation ist ein fester Bestandteil davon. Die Mitglieder dieser Teams – so auch die Kommunikatoren - werden regelmässig trainiert. In diesen Trainings wurden in den letzten Jahren auch  Pandemieszenarien durchgespielt. Zudem verfügte Novartis über Pandemiepläne und entsprechend vorbereitete Kommunikationsmaterialien, auf die nun im Ernstfall zurückgegriffen werden konnte."

Welche Tipps würden Sie Ihren NPRG-Kollegen in Bezug auf die Unternehmenskommunikation im Umgang mit der Coronakrise geben?

"Wichtig ist eine regelmässige, zeitnahe empathische Kommunikation, die auf die Anliegen der Menschen eingeht. Intern heisst das, den Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, dass das Unternehmen für sie da ist und sie dabei unterstützt, sich um ihre Angehörigen zu kümmern und sich auf neue Arbeitsweisen einzulassen, während sie gleichzeitig familiäre und berufliche Verpflichtungen unter einen Hut bringen müssen. Extern geht es darum, den Beitrag aufzuzeigen, den das Unternehmen in dieser ungewöhnlichen Situation für die Gesellschaft leistet. Damit solch eine Situation durch ein Unternehmen bewältigt werden kann, ist es essenziell, über ein gut funktionierendes Krisenmanagementsystem und entsprechende Notfallpläne zu verfügen, die im Ernstfall aktiviert werden können."

Wir danke Ihnen vielmals für das Gespräch!